Hörwerk der Theaterscheune Teutleben nach einer Geschichte von László Darvasi
In einer skurrilen Mischung aus Sprache, Livemusik, Soundcollagen und Originaltönen erzählt das Stück in einer archaisch-poetischen Sprache, durch surreale Metaphorik sowie expressive Figuren- und Bildwelten von den traumatisierenden Auswirkungen des Bosnien-Krieges auf den menschlichen Alltag.
Das erste Mal hatte man 1990 von Popačka gehört. Da wurde bereits getötet.
Er tauchte in einem fernen Dörfchen im Süden oder eher Südwesten auf, und es schien sich um einen Einzelfall zu handeln. Man hätte die Sache wohl vergessen, wenn sie sich nicht zwei Wochen später ein paar Kilometer weiter in einem anderen Dorf wiederholt hätte. In einer ähnlich armen, mit Entbehrungen reich gesegneten Siedlung.
In den Dörfern, in denen Popačka auftauchte, spielte sich nach einigen Tagen fast immer die gleiche Geschichte ab. Ein Steinkreuz am Straßenrand verschwand, ein Tafelbild in der Kirche, eine wundertätige Ikone, um die sich die Einheimischen meist mit schwärmerischer Inbrunst scharten. Und im Dorf wurde jemand gekreuzigt.
Der Gekreuzigte war Popačka.
Offenbar war irgendein Trick dabei. Denn wer konnte mit nüchternem Verstand glauben, dass Popačka jedes Mal wieder auferstand. Einmal hätte es ihm vielleicht gelingen können. Einmal kann jeder auferstehen. Wie es auch dem Sohn Gottes gelungen ist. Aber nicht hundertmal, oder noch öfter.
Doch Popačka ist gewiss hundertmal sogar öfter als hundertmal auferstanden.
Gesetzwidriges tat er nicht. Genaugenommen war nicht er es, der gegen den Geist des Gesetzes verstieß. Und ganze Dörfer zu verurteilen, schien ein Ding der Unmöglichkeit.
Natürlich wurde Baum mit der Angelegenheit betraut. Ganze zehn Jahre hatte er darauf gewartet. Er reiste in den Süden, um die Sache mit Popačka zu Ende zu bringen…
László Darvasi, geboren 1962 in Ungarn und aufgewachsen an der serbischen Grenze, beschreibt in seinen Texten die traumatisierenden Auswirkungen des Bosnien-Krieges auf den menschlichen Alltag in einer archaisch-poetischen Sprache, durch surreale Metaphorik und expressive Figuren- und Bildwelten.
Die Texte entwickeln eine suggestive Kraft. Sie stellen einen direkten Bezug zu einem noch gegenwärtigen Kriegsgeschehen her und eröffnen so das zeitlose, nie zu vergessende Problem des Krieges und der menschlichen Grausamkeiten.
Die Verzweiflung und Bitterkeit der Texte wird immer wieder durch skurrile und surreale Elemente gebrochen. Durch diese Vermischung gelingt es dem Autor, eine Atmosphäre zu schaffen, in der der Leser die Stimmung und die Zustände, die Darvasi beschreibt, wie in einer Art Traum aufnimmt und ein sehr plastisches Bild des Geschehens bekommt.
ENSEMBLE Trailer Eva Rajnak
Michael Semper Soundcollagen
Alexander Ernst Akkordeon
Marcel Kohl Stimme
Marco Schreiber Bühne